Mitgliederversammlung in Zeiten von Corona

I.  Sonderregelung durch das Gesetz vom 27.03.2020: Artikel 2 § 5 Absatz 2: Online-Mitgliederversammlung

Der Bundestag hat in dem Gesetz vom 27.03.2020 (Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht) unter anderem auch vorübergehend Sonderregelungen zu Vorschriften des zivilrechtlichen Vereinsrechts, welche im Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu finden sind, vorgesehen. Das Gesetz enthält nun Erleichterungen für Vereine, um deren Handlungsfähigkeit während der Corona-Krise aufrechtzuerhalten. Die neuen Sonderregelungen durch Gesetz vom 27.03.2020 zu den zivilrechtlichen Vereinsvorschriften gelten ab dem Tag der Gesetzesverkündung im Bundesgesetzblatt (27.3.2020) und bis zum 31.12.2021.

Von den Erleichterungen profitieren eingetragene Vereine und nicht eingetragene Vereine gleichermaßen.

§ 5 Absatz 2 schafft als Sonderregelung zu § 32 Absatz 1 Satz 1 BGB die gesetzlichen Voraussetzungen, um auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Satzung, „virtuelle“ Mitgliederversammlungen durchzuführen. Ohne diese neue Regelung und ohne besondere Satzungsregelung müssten Mitgliederversammlungen stets als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden. Das wurde in der aktuellen Situation allerdings verboten.

Fazit: Es ist nunmehr ohne besondere Satzungsregelung möglich, alle Mitgliederversammlungen eines Vereins virtuell abzuhalten.

Praxistipps:

  • Diese Sonderregelung ist bis zum 31.12.2021 befristet. Sie ersetzt damit nicht die Notwendigkeit einer eigenen Regelung für die dauerhafte Zulässigkeit von Online-Mitgliederversammlungen in der Vereinssatzung, um auch zukünftig diese vom Grundsatz der Präsenzveranstaltung abweichende Versammlungsform zu ermöglichen.
  • Leider sieht diese Sonderregelung keine Erleichterung für die Formvorschriften der Einladung zu einer Mitgliederversammlung vor. Daher gilt weiterhin das Formerfordernis der Satzung: Sieht die Satzung die Schriftform für die Einladung vor, so muss weiterhin mit einem unterzeichneten Schreiben der ladungsberechtigten Person (zumeist der Vorstandsvorsitzende) geladen werden. Oft sehen Satzungen inzwischen aber auch eine Ladung in Textform vor. Dann kann die Ladung auch per E-Mail erfolgen, wenn die E-Mail-Adressen der Mitglieder durch die Mitglieder selbst dem Verein bereitgestellt wurden.
  • Die virtuelle Versammlung sollte in einem passwortgesicherten Online-Raum und unter mit vorheriger Mitteilung des Passworts gegenüber den Teilnehmern vor der Versammlung erfolgen. Die Teilnehmer sollten ihre Identität durch Verwendung des Klarnamens kenntlich machen.
  • Nicht geändert werden die im Gesetz oder der Satzung geregelten Mehrheitserfordernisse. Soweit in der Vereinssatzung nichts Abweichendes geregelt ist, ist für die Zweckänderung weiterhin nach § 33 Absatz 1 Satz 2 BGB die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich, für Satzungsänderungen gilt die Drei-Viertel-Mehrheit nach § 33 Absatz 1 BGB, soweit in der Satzung keine andere Mehrheit geregelt ist.
  • Über die Online-Mitgliederversammlung ist weiterhin nach den Regelungen der Satzung ein Protokoll zu fertigen, welches von den in der Satzung bestimmten Personen, zumeist die Versammlungsleiter und die Protokollführer, zu unterzeichnen ist. Die Protokollierung muss insbesondere die Beschlüsse aufzeigen, die der Eintragung zum Vereinsregister bedürfen, z.B. die Wahl des Vorstands oder die Änderung der Satzung. Das Protokoll dient weiterhin als zivilrechtliche Urkunde dem Nachweis der Beschlüsse der Mitgliederversammlung gegenüber dem zuständigen Amtsgericht. Nur mit einem unterzeichneten Protokoll über die Online-Mitgliederversammlung wird das Amtsgericht die Änderungen zum Vereinsregister eintragen.

Autor
Dr. Rafael Hörmann
Rechtsanwalt